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Kokkinos Pirgos, die "Costa Victoria" und der Sieg des Bürgermeisters über die Viren

Aktualisiert: 25. Nov. 2021

Der Blick von unserem Hausstrand bei Komos in die Bucht Richtung Südwesten zeigt uns die Inseln von Paximadia und das große Halbrund der Küste von Kalamaki über Kokkinos Pirgos bis Agia Galini – und bei guter Sicht bis an das Kap von Triopetra. Das sind stets schöne Aussichten. Einen Hafen gibt es hier nicht, derjenige von Kokkinos Pirgos ist zu klein, um so genannt zu werden, das ist allenfalls eine geschützte Anlegestelle für Fischerboote und ein paar Freizeitsegler. Welche Überraschung also, als am Sonntag ein Schiff in der Bucht ankert von für diese Verhältnisse ungewöhnlicher Größe! Eine schnelle Internetrecherche auf marinetraffic.com klärt auf: Das ist die "Costa Victoria", ein Kreuzfahrtschiff, auf dem Weg von den Malediven nach Venedig.

Und warum liegt dieses Schiff nun hier, bei uns, an der Südküste vor Anker? Und nicht etwa, wenn schon bei Kreta, im sicheren Hafen von Heraklion an der Nordküste, wie das normale Kreuzfahrtschiffe in normalen Zeiten tun? In diesen unnormalen Zeiten ahnt man es gleich: Das hat etwas mit Viren zu tun, genauer gesagt, mit der Angst vor den Viren, und so ist es denn auch: Es sind ein paar Informationen, die man aus Quellen im Internet erhalten kann, es sind regionale Zeitungen, die schon mehr erfahren haben, aus denen sich dann eine allerdings immer noch nicht ganz lückenfreie Geschichte rekonstruieren lässt.

Das ist eine sehr lange Strecke gewesen, die die "Costa Victoria" da zurückgelegt hat: Offenbar befand sich das Schiff auf einer Art Überführungsreise mit ca. 760 Passagieren aus aller Welt, um von Venedig aus dann im Sommerhalbjahr kleinere Fahrten durch das Mittelmeer zu unternehmen. Offenbar konnte das Schiff schon nicht, wie ursprünglich geplant, in Israel und auch nicht in Jordanien anlegen, weil die Staaten in diesen Corona-Zeiten ein Anlegeverbot ausgesprochen hatten. Zudem hatte das Schiff eine ältere Mitreisende an Bord, die an einer schwereren Bronchitis litt, da wollten diese Länder das Risiko nicht eingehen, noch ein paar Viren mehr einzuschleppen. Ohne Aufenthalte, wenn auch mit langsamer Fahrt, gelangte die "Costa Victoria" nun also ins Mittelmeer. Auch in Griechenland gibt es, und das schon seit einigen Tagen, ein Anlegeverbot für Kreuzfahrtschiffe, der geplante Stopp in Heraklion fiel also auch aus. Offenbar wählte der (griechische) Kapitän daraufhin eine Route südlich von Kreta und entschied sich, in der Bucht von Messara vor Anker zu gehen. Angeblich wegen des schlechten Wetters, aber das war nicht wirklich schlecht, von einem Sturm mit hohen Wellen war da jedenfalls nichts zu spüren und zu sehen. Vor Kokkinos Pirgos, dem kleinen Hafenort lag also nun die "Costa Victoria". Dafür gab es eine Genehmigung der griechischen Behörden, befristet und mit der Auflage versehen, niemanden von oder an Bord zu lassen. Und die Patientin mit der schweren Bronchitis? Der ging es nicht gut. - Der Bürgermeister von Kokkinos Pirgos hat erzählt, wie es weiterging: Denn er findet, sagt er, dieser Virus, der kann uns ja etwas anhaben, aber er darf doch nicht unsere Menschlichkeit besiegen! Und diese ältere Dame da an Bord, der es gesundheitlich so gar nicht gut ging, das könnte doch seine oder unsere Mutter sein, vielleicht auch unsere Großmutter, sagt der Bürgermeister: Hier müssen wir helfen. Also ist ein kleines Boot von Kokkinos Pirgos zur "Costa Victoria" gefahren, mit gut geschützten Sanitätern, hat den Schiffsarzt und die Patientin abgeholt, beide in einen Krankenwagen verfrachtet und, natürlich ebenfalls gut geschützt und isoliert, in das Krankenhaus von Heraklion gefahren.

Die "Costa Victoria" hat die Anker gelichtet und sich auf den Weg gemacht: Offenbar ganz langsam, denn die weiteren Zwischenstopps werden auch ausfallen müssen – und was dann in Venedig bei der Ankunft geschieht und wie die Passagiere von dort aus wieder in ihre Heimatländer kommen (offenbar sind viele Australier an Bord), das ist noch völlig ungewiss.

Und wir sind stolz auf den Bürgermeister von unserem Nachbarort Kokkinos Pirgos.


Nachtrag:

Die Patientin, die inzwischen auf der Isolierstation im Krankenhaus von Heraklion liegt, wurde positiv auf das Corona-Virus getestet.

Auf diese Nachricht hin haben nun auch die italienischen Häfen der "Costa Victoria" die Einfahrt verweigert. Das Schiff kreuzt im Adriatischen Meer. Es bleibt weiterhin völlig unklar, was mit den Passagieren passiert.



(Bildquelle: kretalive.gr, 22. März 2020)


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