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AutorenbildMartin

Graben

Aktualisiert: 25. Nov. 2021

Für die besonders an Archäologie Interessierten unter unseren Leserinnen und Lesern muss gleich festgestellt werden: Nein. Auf dem Gelände von „o mikros kosmos“ gibt es keine wertvollen archäologischen Fundstücke. Wir haben den Palast von Faistos in der Nähe, und zu den neuen Ausgrabungen bei Komos ist es auch nicht weit, das ist gut so. Dass es bei uns keine minoischen Zeugnisse zu besichtigen gibt, ist nun sozusagen auch amtlich und nach Augenscheinnahme bestätigt worden. Es ist nämlich so, dass bei jedem Baubeginn in unserer Region ein Vertreter der Archäologiebehörde anwesend sein muss, um überprüfen zu können, was da alles so bei Baggerarbeiten ans Tageslicht befördert wird. Man ahnt es: Das kann wieder einmal Wartezeit bedeuten, bis so ein Vertreter der Archäologiebehörde auf dem Grundstück erscheint, und tatsächlich hört Vasilis bei seiner telefonischen Nachfrage auch gleich, dass die Mitarbeiter dieser Behörde gerade sehr viel zu tun haben und das gar nicht so gut passt mit unserem Baubeginn. Es ist aber wohl Vasilis’ freundlicher Hartnäckigkeit zuzuschreiben, dass man bei der Archäologiebehörde findet, also gut, am nächsten Morgen, da hätte man noch ein Terminlücke, da könnte jemand vorbeikommen. Nun muss noch der Chef des Baggerunternehmens überzeugt werden, dass er so kurzfristig einen Bagger und einen Baggerfahrer zu uns schicken kann, das gelingt auch – und so warten wir mal gar nicht, sondern sind ungemein überrascht, dass das nun doch so flott geht: Wir bauen.


Natürlich: Erst einmal bauen wir nicht wirklich im engeren Sinn, sondern wir lassen Löcher in den Boden graben. Der erste Anstich erfolgt, und wir schauen fasziniert zu, wie präzise der Baggerführer den Anweisungen von Vasilis folgt und die Bauflächen in der vorgesehenen Größe und Tiefe gräbt.

Sehr umsichtig umkurvt der Baggerführer die schönen Olivenbäume, sehr ordentlich wird der Aushub entweder an dafür vorgesehenen Stellen gelagert oder zum Ausgleich von unnützen Bodenwellen eingesetzt. Als Vasilis’ Assistent darf ich noch ein paar Markierungsstäbe in die Erde schlagen, wo Vasilis mit seinem Vermessungsgerät das ausrechnet, und Madeleine versieht die Stäbe mit kleinen Klebebandfähnchen, damit der Baggerführer auch sehen kann, wo er baggern soll. Er hält sich zentimetergenau an unsere Vorgaben, das sieht in unseren Laienaugen alles sehr gut aus, Unfälle kommen nicht vor, und unsere Katzen bringen erstaunlicherweise fast die gesamte Zeit auch genug Vernunft auf, um aus sicherer Entfernung und nicht etwas aus der Baugrube heraus das Geschehen zu betrachten.


Der archäologische „Wächter“ ist auch dabei, er wirkt jetzt auch nicht so, als ob er auf minoische Fundstücke wartet, sondern betrachtet die Fortschritte gelassen aus der Distanz. Am späten Nachmittag sind tatsächlich schon drei Baugruben fertig vorbereitet für die Fundamente, und wir staunen selbst darüber, dass dieser Bau nun doch eigentlich recht schnell begonnen wurde.

Und glücklicherweise sind keine archäologisch wertvollen Zeugnisse entdeckt worden: Auf unserem Grundstück war da wohl nichts los in minoischer Zeit. So könnte das jetzt also flott weitergehen.


Und tatsächlich geht es am nächsten Tag dann sogar noch flotter weiter: Am Morgen fahren gleich mehrere Maschinen auf, drei Bagger in verschiedenen Größen sind es, die Fahrer dazu sind auch da, und natürlich ist Vasilis dabei, und es gibt erst einmal eine Situationsbesprechung, was heute alles erledigt werden soll.

Und dann wird ohne Pausen durchgearbeitet: Vasilis gibt Anweisungen, Madeleine und ich assistieren bei den Vermessungen, und der archäologische "Wächter" (dieses Mal ein anderer Herr als gestern) sieht sich das alles an. Alle Baggerführer arbeiten sehr sorgfältig, das können wir Laien auch daran erkennen, wie vorsichtig die Olivenbäume umfahren werden und wenn die noch so ungünstig in der Gegend stehen: Da bricht kein Zweig ab. Die Landschaft ist natürlich bald ziemlich aufgewühlt, aber ich würde doch behaupten: Es lässt sich erkennen, dass unsere "kleine Welt" keinen tiefgreifenden Schaden nimmt, sondern baulich behutsam vorbereitet wird auf das, was hier bald entstehen soll, und auf die Gäste, denen es hier mal gut gehen soll. Ohnehin wird selten wirklich tief in die Erde gebaggert, die Bungalows sollen ja mal nicht in die Erde eingegraben werden, sondern leicht auf dem Boden stehen.

Als am Abend alle Bagger wieder das Grundstück verlassen haben und wir uns in Ruhe die vorbereiteten flachen Baugruben für die Bungalows ansehen, freuen wir uns: Es ist ja auch noch nicht so häufig vorgekommen, dass wir bei der "Projektentwicklung" unserer "kleinen Welt" hier in Griechenland mal sagen konnten: Das ist jetzt mal richtig schnell gegangen.







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