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Eingrenzen und ausgrenzen

Aktualisiert: 29. März

Wir sind nicht gerade Zauntypen: Das Haus im Eigenthal in der Schweiz, in dem wir früher mal gewohnt haben, wurde von keinem Zaun umrandet, und auch unser Grundstück auf Kreta hatte bislang keinen Zaun. Diebstahl ist hier nicht wirklich ein großes Thema, und außerdem würde auch ein einfacher Zaun von durchschnittlicher Höhe ja nicht Einbruch sicher verhindern. Wir müssen auch nicht mit einem Zaun markieren, wo genau unser Grundstück beginnt und wo es endet, auch unsere Nachbarn sehen diese Notwendigkeit nicht, was also wollen wir mit einem Zaun.

Außerdem können Kontroversen über die Frage der exakten Grenzziehung erst entstehen, wenn ein Zaun gesetzt werden soll, denn ein Zaun hat, einmal fertiggestellt, etwas schwer Abänderliches, Eindeutiges: Ohne Zaun können sich Nachbarn unausgesprochen uneinig sein über die Verläufe von Grundstücksgrenzen, das stört dann meistens ja nicht weiter, aber so ein Zaun schafft dann Fakten, da mögen Diskussionen entstehen, die man eigentlich gar nicht führen muss, wenn es keinen Zaun gibt.

Aber nun bebauen wir unser Grundstück ja nicht nur für uns, sondern auch für unsere Gäste: Wir haben schon von potentiellen Gästen gehört, dass sie sich subjektiv sicherer fühlen würden mit dem Bewusstsein, hinter einem Zaun zu wohnen in unser eigentlich gar nicht so wilden kretischen Landschaft. Natürlich wollen wir, dass sich unsere Gäste stets sicher fühlen. Außerdem macht so ein Zaun schon auch objektiv Sinn, denn da laufen in unserer Gegend ja nicht nur Katzen, sondern manchmal auch halbwilde Hunde herum, sowie, schlimmer noch, Hunde mit ihren nicht angeleinten deutschen und Schweizer Ferienhausbesitzern aus Kamilari und Pitsidia, und auf zumindest letztere, da sind wir sicher, hat ein Zaun an sich schon mal eine hohe Signalwirkung. Und ein von der Herde abgesondertes Schaf könnte mit einem Zaun daran gehindert werden, beispielsweise in den Pool zu fallen, ein Zaun kann also auch sein Gutes haben.

Abgesehen davon schreibt die griechische Fremdenverkehrsbehörde einen Zaun für eine Hotelanlage vor, da brauchen wir gar nicht weiter nachdenken und abwägen: Wir müssen einen Zaun um unser Grundstück herum haben.

So ein Zaun wird lang. Unser Grundstück hat eine Außengrenze von weit über 600 Metern Länge, also brauchen wir mehr als 600 Meter Zaun, dazu ein paar Ein- und Ausgänge. So richtig schön ist eigentlich gar kein Zaun, finden wir, aber dem Rat eines Nachbarn, statt eines Zaunes selbst eine Steinmauer um unser Grundstück herum zu errichten, wollen wir auch nicht folgen: Die notwendigen Fähigkeiten zu einem Steinmauerbau mag ich mir vielleicht aneignen, aber bei dem von mir geschätzten Arbeitstempo wäre ich mit dem Bau nicht vor Herbst 2032 fertig, und dann könnte ich gleich wieder mit Ausbesserungsarbeiten anfangen, das würde also nie richtig gut werden. Wir holen deshalb besser Offerten von Fachleuten für einen nicht zu hohen, nicht zu flachen Drahtzaun ein, der kann dann später auch mal überwachsen werden, und mancherorts kann ich immer noch eine kleine Steinmauer davor bauen, ausschnittsweise sozusagen.

Rohbau-Kostis gibt eine Offerte ab, die wir akzeptieren, und dann schlägt Kostis schon mal Eckpfeiler ein, wenig später werden auch die anderen Pfeiler in Beton gegossen. Und eigentlich geht es dann recht schnell, bis knapp die Hälfte unseres Grundstücks schon mal eingezäunt ist. Der Zaun ist ordentlich gezogen, der sieht haltbar aus und gut gearbeitet. Mit unserem Nachbarn Giorgos haben wir uns sozusagen über den Zaun hinweg über einen kleinen Grundstückstausch geeinigt, damit wir unseren Zaun weniger kurvig ziehen müssen, mit Giorgos gab es ohnehin keine Probleme wegen des Grenzverlaufs, aber wir haben vereinbart, dass wir an zwei Stellen eine Pforte zu seinem Grundstück einbauen, damit Giorgos später mal schnell auf einen Kaffee oder ein Glas Wein vorbeikommen kann und nicht erst zum Haupteingang laufen muss.


Heute morgen stellen wir dann fest, dass der neue Zaun schon mal seinen eigentlich Zweck gründlich verfehlt hat: Er hat da nicht ausgrenzend, sondern ganz offensichtlich eingrenzend gewirkt. Das Pferd, das seit ein paar Wochen frei unter den Nachbar-Olivenbäumen weidet, ist in der Nacht offenbar durch die Zaunlücke, die für Nachbar Giorgos offen gelassen wurde, hindurch auf unser Grundstück spaziert und hat dann den Weg zurück nicht mehr gefunden: Das stand jetzt also auf unserer Seite hinter dem Zaun und sehnte sich offenbar wieder unter seine eigenen Olivenbäume zurück. Aber von Madeleine hat es sich dann mit einigem guten Zureden und freundlichster Führung wieder durch die Zaunlücke zurück geleiten lassen. Das Pferd bekommt jedenfalls mal keine Extra-Zaunpforte.





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