Wieder einmal warten wir ab, und wieder einmal wissen wir gar nicht so genau, auf was wir da eigentlich warten, und wieder einmal würden wahrscheinlich auch noch so perfekte griechische Sprachkenntnisse unsere Einsicht nicht wirklich verbessern, dass dieses Warten notwendig ist. Der Grundstücksverkauf an die Gesellschaft OMK Sivas IKE, unsere eigene Firma, die Betreiberin unseres Resorts sein soll, zieht sich seit Mai 2020 hin und ist doch so wichtig, weil sie die Voraussetzung dafür ist, dass mit einen Bau begonnen werden kann. Es macht nicht wirklich Sinn und hat wenig Unterhaltungswert, hier über griechische Steuerbehörden und Grundbuchämter zu schreiben, die eine wirkliche Entwicklung unseres Projektes verhindern. Aber so gibt es weiterhin keine Blogeinträge über einen Baubeginn, der sich durch Bagger oder wenigstens Schaufeln visualisieren ließe.
Worüber reden wir also stattdessen?
Reden wir über das Wetter.
Doch. Das lohnt sich. Das lohnt sich vor allem Anfang oder Mitte Januar, denn da gibt es ein Wetterphänomen auf Kreta, das zu beschreiben mehr ist als Small Talk. Dieses Phänomen ist ein Phänomen: Es tritt tatsächlich fast jedes Jahr Anfang Januar auf und erfreut Herz, Gemüt und Körper, denn es wird plötzlich sehr warm und noch sonniger. Es wird Sommer für ein paar Tage.
Das Phänomen hat einen Namen: Es handelt sich um die „Alkionides Méres“,die „Eisvogel-Tage“, und wir haben gelernt, dass das Phänomen schon im Altertum beschrieben wird. Es gibt einen mythologischen Hintergrund, natürlich, und der Wetterumschwung ist in der Tat so spektakulär, dass man sich seine Gedanken zu machen bereit ist, inwieweit nicht die griechischen Götter hier auf Kreta noch ihre Hände im Wetterspiel haben, wenn ihr Einfluss doch ansonsten in heutiger Zeit recht geschrumpft zu sein scheint. Das Psiloritis-Massiv, mit der Geburtshöhle Zeus’, erstrahlt jedenfalls in glänzender Klarheit und vermeintlicher Nähe, wenn wir vom Strand Komos hinaufblicken: Wir sind dankbar für die fast 30 Grad Tagestemperatur, für ein paar Tage mit Strandaufenthalten, für das Baden im Meer, für das es gar nicht so viel Mut braucht, wir sind sogar dankbar für den kleinen Sonnenbrand. An unserem Hausstrand von Komos sind am Wochenende recht viele Leute unterwegs, die diesen Sommereinbruch mitten im Winter genießen und sich das gut gehen lassen. Und dabei die angeblich charakteristische Wolkenbildung bestaunen.
Ein paar Tage später hat sich das Psiloritis-Massiv in dichte Wolken gehüllt, dem Zeus mag das schon ein bisschen peinlich sein, dass seine Kraft nur noch für ein paar Tage Sommerwetter gereicht hat: Nun ist es kalt, es regnet, und am frühen Morgen habe ich tatsächlich die Fensterscheiben unseres Autos vom Eis befreien müssen mit einem Eiskratzer, den ich doch eigentlich nur vergessen hatte, nach unserer Ausreise aus der Schweiz wegzuwerfen… Wollen wir mal hoffen, dass alle griechischen Götter, wenn sie sich schon nicht weiter kraftvoller um das Sommerwetter kümmern können, beim Finanzamt in Heraklion und dem Grundbuchamt in Tympaki ihren Einfluss geltend machen können, der dann nachhaltiger für uns wirken möge – da wollen wir das Ende des Sommers mitten im Winter auch in Kauf nehmen.
Comments