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Grundsätzliche Ideen zur Gestaltung der "kleinen Welt"

 

Madeleine Ruggli Schüssler

Dr. Martin Schüssler

 

„Ο μικρὀς κόσμος – Die kleine Welt“ ist auch programmatischer Name: Die Bezeichnung bezieht sich zum kleineren Teil darauf, dass diese Welt für sich selbst genug sein kann, weil sie alles bietet, was es für den temporären Aufenthalt ihrer Gäste in deren hier zu erlebenden „Auszeit“ braucht. Die Bezeichnung „kleine Welt“ nimmt vor allem Bezug auf die natürliche landschaftliche Vielfalt, die das Grundstück gesamthaft bietet. Hier gibt es flache Abschnitte, Anstiege, es hat ein „Tal“, botanische „Inseln“, es gibt einen „Berg“ mit Aussicht. – Es kommt daher darauf an, diese Landschaft in einer Art absichtsvoller Natürlichkeit zu gestalten. Dabei können kleine Areale die Atmosphäre ursprünglicher Natürlichkeit ausstrahlen, andere wirken vorsichtig und unverfälschend kultiviert. So finden sich auch für „persönliche Stimmungen“ der Gäste stets die geeigneten Bereiche – in den Innen- wie Aussenräumen. Kleine Wege und natürliche Pfade verbinden die unterschiedlichen Zonen der Liegenschaft, lassen den schnellen Wechsel zwischen ihnen zu, bieten aber auch die Möglichkeit zum Flanieren.

 

Wir werden hier Gäste empfangen, die aktiv im Denken und Handeln sind – auch wenn sie sich in der „kleinen Welt“ nur erholen wollen. Wer hierher kommt, ist der Anti-Typ zum Pauschaltouristen der Nordküste. Das bedeutet auch, dass das Ruhebedürfnis und das Erleben der Umwelt durch die Gäste im Vordergrund steht, keinesfalls aber das klassische Hotel- oder Resortleben, wie man es anderorts erleben kann: Es wird hier folglich keine Orte mit permanenter Musikbeschallung geben, es gibt keine Sportanlagen, der Pool ist auf Erholung und nicht in erster Linie auf Fitness angelegt. Aktiv sind die Gäste, indem sie die Umwelt erkunden, Land und Leute kennenlernen, wandern, im Meer baden. Hier sind Menschen zu Gast, denen Individualität wichtig ist, die Kreativität schätzen, die anspruchsvoll sind – auch in der Gestaltung des Miteinanders und im Erleben der Natur. Ganz wichtig ist es daher auch, dass sich „die kleine Welt“ unterscheidet und absetzt von den entsprechend üblichen Angeboten in der Region und auf der Insel. Das „Anderssein“ ist unverzichtbarer Bestandteil des Konzeptes. Keinesfalls dürfen Gäste den Eindruck erhalten, „vorgefertigte“ touristische Lösungen vorzufinden, die ihnen schon von anderen Orten allzu vertraut sind.

 

Selbst weit entfernt von „esoterischen Denkweisen“ ist es uns wichtig, mit der Gestaltung und Bebauung des Grundstücks dessen Natürlichkeit soweit wie möglich zu bewahren. Die Maxime „Leben und leben lassen“ gilt nicht nur für die Gäste, sondern auch für Pflanzen und Tiere, die sich auf dem Grundstück befinden. Die entsprechende Grundhaltung muss sich in der Art und Weise der Landschaftsgestaltung und der Bebauung wiederfinden.

Natürlich bedeutet Bebauung stets einen „Eingriff“ in die Natur. Die Gebäude sollen sich daher auch nicht in der Landschaft „verstecken“; sie sollen sich in ihrer Gestaltung keinesfalls gewissermassen architektonisch dafür entschuldigen, dass hier gewohnt, gelebt, gefeiert, genossen wird. „Die kleine Welt“ hat einen lebensfreudigen Charakter. Dennoch soll deutlich werden, dass das Hiersein im Miteinander mit der umgebenden Natur geschieht.

 

Auf Kreta haben über die verschiedenen Jahrhunderte viele sehr unterschiedliche Bewohner gelebt, die aus verschiedenen Kulturkreisen stammten. Sie alle haben ihre Spuren hinterlassen – auch in der Architektur. Wenn heute ein „typisch-kretischer“ Baustil behauptet wird, dann bezieht sich dieser Begriff eigentlich nur auf einen kleinen Zeitausschnitt und innerhalb von diesem auf die eher bäuerliche Bebauung ihrer Zeit. In den letzten Jahren entstandene Häuser sind zum Teil in diesem so genannten „kretischen Baustil“ gebaut worden: Dann sind vor allem Natursteine in den Fassaden verwendet – allerdings häufig „industriell“ gefertigt und in strenger und untypischer Gradlinigkeit verarbeitet. Eine andere Tendenz bei der Errichtung von Ferienhäusern zeichnet sich durch eine massive, nach aussen wuchtig wirkende Bauweise aus: Schloss- oder burgenähnlich wirken viele dieser Bauten.

Weder möchten wir die „kleine Welt“ mit „Ethno-Kitsch“ vermeintlich kretaorientierter Architektur ausstatten, noch uns selbst machtvoll im ländlichen Raum positionieren. Die Bebauung soll im Idealfall der Landschaft angepasst sein, indem sie gleichsam mit ihr kommuniziert, ohne in ihr aufzugehen oder gar zu verschwinden.

Ob sich solche Vorstellungen verwirklichen lassen, ist hier wie überall stets auch abhängig von der Machbarkeit innerhalb der Region und der Anpassung an gestalterische Vorgaben und Möglichkeiten vor Ort: Es wird darum gehen müssen, bestmögliche Kompromisse zu finden zwischen Vorstellungen idealer Umsetzung und begrenzter Umsetzbarkeit in dieser Region.

 

„Die Multifunktionalität“ der Landschaftsgestaltung muss auch den individuellen Vorstellungen vom persönlichen Wohlbefinden unserer Gäste entsprechen – das ist auch unsere Intention. Wenn der private Raum optimal gestaltet ist, so dass die Gäste sich dort sehr gerne aufhalten, muss umso mehr der öffentliche Raum attraktiv sein sowie besonders einladend und offen wirken, um überhaupt auch die Gäste dorthin zu locken und hier Kommunikation zu fördern.

 

Die „teilöffentlichen“ Teile wie Pool und Spa-Bereich sollen deutlich abgetrennt sein vom öffentlichen Bereich – nicht durch dicke Mauern, sondern durch ihre Lage bzw. ihren sie umgebenden Bewuchs. Die bewusst körperliche Entspannung muss hier als etwas Privates erlebbar sein, die Gäste sollen sich „gehen lassen“ können, ohne beobachtet zu werden. Der Spa-Bereich versteht sich als textilfreier Bereich ohnehin sichtgeschützt, aber auch der Pool-Bereich muss zumindest teilweise Privatsphäre und Uneinsichtigkeit garantieren.

 

Der bewusste Verzicht auf bestimmte Zielgruppen ist Teil des Konzeptes: „Die kleine Welt“ ist auch unsere Welt, in dem Sinne, dass wir uns dort wohlfühlen wollen. Wir sind der Auffassung, dass dieses „Selbst-Bewusstsein“ auch unverzichtbar ist, damit das Projekt erfolgreich funktionieren kann. Auch gerade weil das Wohlbefinden der Gäste im Mittelpunkt steht, soll sich unser eigenes positives Erleben und unsere Überzeugung, hier ein „Paradies“ geschaffen zu haben, auch von uns auf die Gäste übertragen.

 

Die Grösse der Anlage mit Raum zur Beherbergung von maximal 26 Besucherinnen und Besuchern erlaubt es, die persönliche Betreuung der Gäste zu einem grossen Teil durch uns selbst sicherzustellen. Ein grösserer Betrieb würde die „private“ Atmosphäre, wie sie in der „kleinen Welt“ entstehen soll, verunmöglichen. Ein Ausbau des Betriebes zu einem späteren Zeitpunkt ist daher zwar nicht ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich – und, wenn überhaupt, sinnvoll nur wohl durch den Zukauf weiterer Grundstücke möglich. Abgesehen von ökonomischen Erwägungen entspräche eine Vergrösserung des Resorts selbst zu einem späteren Zeitpunkt nicht unseren persönlichen Vorstellungen.

Es soll das Ziel sein, den Gästen des Resorts – ob es sich um Seminarteilnehmende oder Erholungssuchende handelt – durchaus exklusiven Raum für persönliche Entfaltung zu gewährleisten: Das bedingt, dass ihnen entsprechender Raum zur Verfügung steht – nicht nur im Erleben der Innenräume, sondern schon gar beim Aufenthalt in der Natur im geschützten Rahmen des Resorts. Einer „Verdichtung“ der Bebauung ist damit von vornherein Grenzen gesetzt, auch wenn sie sich als ökonomisch sinnvoll erweisen sollte.

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